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Von Pilotenprojekten zu echten Profiten: Das GenAI-Paradoxon in der Finanzwelt löst sich endlich auf

Georgi Ivanov - Senior Communications Manager - Payhawk
AutorGeorgi Ivanov
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6 Minuten
VeröffentlichtOct 17, 2025
Zuletzt aktualisiertOct 23, 2025
Ein Finanzchef steht in einem Konferenzraum und hält einen Vortrag vor seinen Kollegen, während Laptops und Unterlagen auf dem Tisch verteilt sind
Zusammenfassung

Viele Finanzunternehmen experimentieren mit KI, doch nur wenige erzielen echten Mehrwert. Der Erfolg hängt weniger vom Modell selbst ab, sondern vielmehr von soliden Prozessen, klaren Richtlinien, nachvollziehbaren Abläufen und der richtigen organisatorischen Struktur. Indem Sie sich auf messbare Aufgaben wie Rechnungsverarbeitung, Abstimmungen und Spesenmanagement konzentrieren – und Compliance von Anfang an integrieren – lassen sich KI-Pilotprojekte endlich in greifbare Gewinne verwandeln.

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Wenn man mit Führungsgremien spricht, heißt es überall, man setzt KI bereits ein. Blickt man jedoch auf die Gewinn- und Verlustrechnungen, zeigt sich ein anderes Bild: Kaum jemand erzielt tatsächlich Ergebnisse. Diese Diskrepanz – große Ziele, aber wenig Wirkung – war das Thema eines Financial-Times-Webinars (in Zusammenarbeit mit Payhawk), das weniger nach KI-Hype klang, sondern eher praktische Wege zeigte, um aus der Pilotphase herauszukommen. Der Moderator machte gleich zu Beginn klar: Während 82 % der Finanzverantwortlichen KI gegenüber offen sind, haben nur etwa 20 % der Unternehmen den Schritt über den Proof-of-Concept (PoC) hinaus geschafft, um echten Mehrwert zu erzielen.

Besonders wertvoll war, dass die Diskussion nicht um das „Modell der Woche“ kreiste. Die Panelteilnehmer konzentrierten sich auf die operative Realität – Richtlinien, Architekturen, Anreizsysteme und die praktische Arbeit, die Finanzprozesse tatsächlich neu zu gestalten.

Enterprise-Strukturen entscheiden über Erfolg oder Risiko

Payhawk-Mitgründer und CEO Hristo Borisov brachte auf den Punkt, was viele Käufer nur hinter vorgehaltener Hand sagen: Pilotprojekte scheitern, wenn neue Tools nicht zu den Bedürfnissen des Unternehmens passen. In einer Zeit, in der Software eigenständig handeln kann, sind klar definierte Berechtigungen, abgegrenzte Workflows und unveränderliche Audit-Trails keine optionalen Extras, sondern entscheidend für den produktiven Einsatz. „Dieser Einsatz von KI ist nicht besonders spannend“, gab Hristo Borisov zu, „aber ohne diese Herangehensweise bleibt eine Lücke zwischen Plan und Umsetzung – und Pilotprojekte schaffen nie den Sprung in den Alltag.“

Gaurav Sawhney von Barclays veranschaulichte das mit einer „Autonomie-Leiter“ – Mensch steuert → Mensch greift ein → Mensch überwacht – und warnte: In autonomen Prozessen breiten sich Fehler schnell aus, wenn es keine klaren Entscheidungsregeln gibt. Die Finanzabteilung muss daher von Anfang an Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Zuverlässigkeit und Wiederholbarkeit sicherstellen. Kurz gesagt: Governance ist Teil des Produkts.

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Es geht nicht nur um technische Altlasten, sondern auch um Menschen und Prozesse

Lilia Christofi von PwC kritisierte, dass viele Unternehmen KI-Projekte nur aus Experimentierfreude starten. Ihrer Einschätzung nach sind nur „vielleicht ein Prozent“ der Firmen bereit, KI wirklich im großen Stil einzusetzen. Erfolg erfordere eine Neuorganisation von Kultur, Aufbau und Betriebsmodellen, nicht nur neue Modelle. Für viele Unternehmen sei aktuell ein zentraler KI-Stack sinnvoll, um Konsistenz und Kontrolle zu sichern; langfristig könne er dann auch verteilt genutzt werden.

Diese Zentralisierung ist jedoch nicht starr. Christofi beschrieb einen modularen Ansatz: Ein „Agent“ ist eigentlich ein System von Agenten – bestehend aus Aufgabenlogik, Prompts, Richtlinien – ergänzt durch Validierungs- und Prüfungsagenten, die sich gegenseitig kontrollieren. Entscheidend ist, wie weit Komponenten für die Wiederverwendung in Bereichen wie Beschaffung oder Recht aufgeteilt werden sollten. Unabhängig davon benötigen Unternehmen Tool-Orchestrierung und die Disziplin, kontinuierliche F&E zu finanzieren, nicht nur Demo-Projekte.

Warum KI-Plattformen Einzelmodelle übertreffen

Ermir Qeli von Swiss Re berichtete aus der Versicherungswelt – einem der wenigen Finanzbereiche, die möglicherweise schon über den PoC-Status hinaus sind. Sein Team arbeitet „über die Pilotphase hinaus“ an Anwendungen im unstrukturierten Finanzdatendschungel, zum Beispiel bei Schadensprüfungen, Betrugserkennung und Vertragsanalysen. Die wichtigste Erkenntnis: Es geht nicht darum, „Modell X“ zu wählen, sondern eine KI-Plattform aufzubauen, auf der Modelle ausgetauscht werden können, ohne Governance, Prozesse oder Kennzahlen zu gefährden. So lässt sich die Komplexität einer sich wöchentlich verändernden Landschaft bewältigen.

Qeli machte außerdem einen wichtigen Punkt: Basis-Modelle verstehen Ihr Geschäft nicht von selbst. Kein Modell kann Risiken eigenständig bewerten oder Ansprüche vollständig abwickeln. Das ist eine Chance für etablierte Unternehmen – vorausgesetzt, sie schaffen „Translator“-Rollen, die Fachwissen und KI-Kompetenz verbinden und Projekte an den Geschäftszielen ausrichten. So gelingt der Schritt „weg vom Experimentieren hin zu echtem Impact“.

Regulierungen sind nicht das Problem – Unklarheit schon

Ja, die Regeln unterscheiden sich: EU AI Act mit Risikostufen, UK Sandbox, US sektorspezifisches Patchwork. Das Panel empfahl einen pragmatischen Ansatz: Den EU AI Act als Basis eines globalen Rahmens nutzen und für APAC und die USA flexibel anpassen. Außerdem sollten Unternehmen davon ausgehen, dass Regulierer Klarheit und Korrekturmaßnahmen erwarten – nicht nur Datensammlung – und dass Betrugsrisiken durch KI zunehmen, was klare Kontrollen über Datenzugriff und -flüsse nötig macht. Wie das Panel zusammenfasste: „Mit dem, was man schon weiß, vorzubereiten ist besser, als auf perfekte Harmonisierung zu warten.“

Was wirklich Wirkung zeigt

Die Diskussion drehte sich immer wieder um klar definierte Finanzaufgaben mit geschlossenen Prozessen, bei denen der Nutzen schnell messbar ist: Spesen und Belege prüfen, Rechnungsdaten extrahieren, Transaktionen ERP-tauglich aufbereiten, Abstimmungsprozesse abschließen. Wer gesparte Stunden/FTE, kürzere Durchlaufzeiten und automatische Abstimmungsquoten nachweisen kann, gewinnt die Aufmerksamkeit der CFOs. Wer das nicht kann, verliert sie. Payhawk strukturiert sein „AI Office of the CFO“ gezielt um solche messbaren Ergebnisse.

Produktion zuerst – oder gar nicht

Christofis nüchterne Bilanz der letzten 18 Monate – „teures Experimentieren“ – traf den Nerv, weil sie die Erfahrungen der Käufer widerspiegelt. Ihr Lob für Payhawks Ansatz („nicht nur PoC, sondern alles strukturiert in Produktion bringen“) mag keine Vendor-Debatten entscheiden, liefert aber eine wichtige Lektion für das gesamte Ökosystem: Produktion ist eine Produktentscheidung. Teams, die diesen Schritt gehen, sprechen nicht mehr nur über KI-Strategien, sondern berichten über KI-Umsätze.

Anleitung für CFOs: sechs Wege aus der PoC-Falle

  1. Richtlinien zuerst implementieren: Überwachen Sie den Anteil der KI-Aktionen mit vollständigen, unveränderlichen Audit-Trails und innerhalb definierter Berechtigungen. Liegen diese Werte niedrig, wird Ihr Risikoteam den Einsatz stoppen.
  2. Abgeschlossene Anwendungsfälle wählen: Messen Sie gesparte Stunden/FTE, verkürzte Durchlaufzeiten, automatische Abstimmungsquoten – nicht nur Bauchgefühl. Klare Aufgaben mit messbaren Baselines machen die ROI-Story wasserdicht.
  3. Plattform für wechselbare Modelle aufbauen: Messen Sie die Zeit für Modellwechsel/-upgrades, gemeinsame Orchestrierung und Regressionstests nach Änderungen. Ihr Vorteil liegt in stabiler Orchestrierung und Testing, nicht Vendor-Lock-in.
  4. Mehr als nur die Kostenreduktion messen: Für Serviceprozesse: CSAT, First-Contact-Resolution, Bearbeitungszeit. Für Risiko: Erkennungsrate, False Positives/Negatives. Für Umsatz: Konversion oder Upsell durch KI-Erkenntnisse. Entscheider wollen profitables Wachstum, keine Demo-Kennzahlen.
  5. Autonomie-Leiter festlegen: Dokumentieren Sie den Anteil der Flüsse nach Autonomielevel (in Kontrolle / in Schleife / über der Schleife) und MTTR (Mean Time to Resolution) bei menschlichem Eingriff. Ohne klare Erklärung, wann Menschen das Steuer übernehmen, skalieren Agenten nicht.
  6. Compliance als Designelement behandeln: Globale Rahmenwerke aufbauen, EU AI Act als Säule, plus Playbooks für UK/US/APAC. Zeit bis zur regulatorischen Nachweisführung und Abschluss von Audit-Feststellungen tracken. Regulierung ist Einschränkung, kein Blocker.

Das Gesamtbild ist positiv: Die Finanzwelt entwickelt sich von bloßem assistiven Mehrwert hin zu auditierbaren Aktionen. Wettbewerbsvorteil entsteht nicht durch die Wahl einzelner Modelle, sondern durch operative Disziplin – die Fähigkeit, Modelloutputs in messbare finanzielle Ergebnisse zu übersetzen. Nach einem Jahr voller KI-Demos hat sich die Messlatte verschoben. Die entscheidende Frage lautet nun: Wo zeigt sich der konkrete Gewinn?

Georgi Ivanov - Senior Communications Manager - Payhawk
Georgi Ivanov
Senior Communications Manager
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Georgi Ivanov ist ein ehemaliger CFO, der sich zum Experten für Marketing und Kommunikation entwickelt hat. Bei Payhawk verantwortet er die Markenstrategie und die Rolle als Vordenker im Bereich Künstliche Intelligenz. Dabei vereint er sein fundiertes Finanzwissen mit modernem, zukunftsorientiertem Storytelling.

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