Die Ansprüche an die Zahlungsverkehrsbranche sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Innovative Lösungen und neue Zahlungsdienstleister reagieren darauf und verändern die Branche zunehmend. Der Wandel passiert auf internationaler Ebene, braucht aber auch genau deshalb seine Zeit. Wo wir in Europa und Großbritannien aktuell stehen und was die globalen Trends sind, erfahren Sie in diesem Artikel.
Auch wenn es ein steiniger Weg ist, sind wir dank Aufsichtsbehörden und anderen Akteuren der Zahlungsverkehrsbranche schon ein ganzes Stück vorangekommen. Mit der zweiten Payment Services Directive, kurz PSD2, hat die EU im Januar 2016 die maßgeblichste Gesetzgebung zum Zahlungsverkehr herausgegeben. Das Ziel ist eine stärkere Förderung innovativer Lösungen in Sachen elektronischer Zahlungsabwicklungen. Durch die Einführung von einheitlichen Wettbewerbsbedingungen, auch bekannt als Level Playing Field, für neue Marktteilnehmer, soll dieses Ziel erreicht werden.
Banken sollen, laut PSD2, ihre Kundendaten mit Drittanbietern teilen. Der Gedanke dahinter: Neue Akteure sollen gleiche Chancen wie die etablierten Geldinstitute bekommen. So hat der Verbraucher eine größere Auswahl, gleichzeitig verändert sich dadurch die Wettbewerbslandschaft. Je innovativer, desto höher der Erfolg.
Wie das mit Richtlinien und neuen Gesetzgebungen aber so ist, weicht die Realität oft von der Theorie ab. Seit Januar 2018 ist die Frist für die Umsetzung der PDS2-Bestimmungen in nationales Recht für die Länder des EWR (Europäischen Wirtschaftsraumes) abgelaufen. Die Realität zeigt, dass die Verwirklichung uneinhei
tlich abläuft. Dabei sollte das Ziel genau das sein, ein einheitlicher und innovativer Zahlungsmarkt in Europa. Da die EU und der EWR aber ein Verbund aus autonomen Staaten sind, stellt sich eine ganzheitliche Regelung als etwas kompliziert heraus. Auch der Dschungel an Vorgaben für Zahlungsdienste, die sich teilweise überschneiden und co-existieren, macht das alles nicht leichter. Stichwort hier: Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Großbritannien hingegen verfolgt eine Strategie, die über neue Zahlungsinfrastrukturen hinausgeht. Das öffentliche Vertrauen in die Zahlungssysteme soll gestärkt und Finanzkriminalität bekämpft werden. Um dieses Ziel zu verwirklichen, hat das Payments Strategy Forum, welches 2015 von der britischen Aufsichtsbehörde für den Zahlungsverkehr (PSR) eingeführt wurde, im Jahr 2017 ein entsprechendes Modell für die Zukunft des Zahlungsverkehrs in Großbritannien veröffentlicht.
Wie die Richtlinien der EU möchte auch die Großbritanniens den Wettbewerb und die Innovation fördern. Hier ist der Ansatz allerdings eine schlanke Kooperationsinfrastruktur bestehend aus mehreren Ebenen. Und die Übernahme internationaler Standards (u.a. ISO 20022) sind auch Teil des Modells. Seit Ende 2018 werden die vom Forum initiierten Ideen vom britischen Zahlungssystembetreiber New Payments System Operator (NPSO) und dem Branchenverband UK Finance weiterverfolgt.
Der Aufbau einer Strategischen Finance Abteilung
Es zeichnet sich ein klarer Trend in der globalen Zahlungsverkehrsbranche ab: Unbegrenzte Zahlungen in Echtzeit. Aber auch andere Initiativen bringen die Branche in ein neues Zeitalter. Hier die führenden Trends.
1. Zahlungsabwicklung in Echtzeit
Diese Innovation bringt Ihnen und Ihrem Unternehmen erhebliche Vorteile. Echtzeitzahlungen werden, wie der Name verrät, in Echtzeit ausgeführt. Sprich, sie sind innerhalb von Sekunden auf dem Konto des Empfängers. Damit können Sie viel präziser sicherstellen, dass eine Zahlung rechtzeitig beglichen wird. Auch andersherum können Waren und Dienstleistungen so zeitgleich mit der Zahlung freigegeben werden. Das bietet allen Beteiligten mehr Sicherheit. Die Umsetzung ist von Land zu Land allerdings noch unterschiedlich ausgereift. Mit einem großflächigen Angebot und einer fast unbegrenzten Verfügbarkeit ist Großbritannien im globalen Vergleich führend. Ein Beispiel: Faster Payments Service steht für Beträge bis 250.000 Pfund 365 Tage 24/7 zur Verfügung.
2. Förderung von Wettbewerb & Innovation
In der Zahlungsverkehrsbranche gibt es hohe Markteintrittsbarrieren für neue Akteure. Das macht einen Wettbewerb mit innovativen Lösungen schwierig, denn oft sind es Dienstleister aus dem Nichtbankenbereich, die diese vorstellen. Großbritannien zum Beispiel, hat für die Förderung Programme entwickelt, die den direkten und indirekten Zugang zu solchen Dienstleistern ermöglichen sollen. In anderen Ländern hingegen scheitert es oft noch an den verschiedenen Zugangsbeschränkungen zu folgenden Aspekten: Zugang zu Daten und Zugang zu Abwicklungs- und Clearing-Systemen sowie die Kosten und Herausforderungen, die entstehen, wenn sich Unternehmen in unterschiedlichen Standards und Systemen bewegen.
3. Kompatibilität
Bisher hat eine isolierte Zahlungsinfrastruktur in den jeweiligen Ländern eine Kompatibilität der Systeme verhindert. Internationale Transaktionen haben so oft Kopfschmerzen bereitet, wie Sie selbst bestimmt gut wissen. Sie sind einfach zu ineffizient, zu langsam, zu teuer und zu wenig transparent. Gerade wegen der fehlenden Transparenz sind genaue Reports und ein aktuelles Liquiditätsmanagement für internationale Transaktionen fast unmöglich. Seit einigen Jahren wird aber zum Glück immer intensiver daran gearbeitet, die globale Kooperations- und Wettbewerbsmöglichkeit zu stärken. Die ISO-20022-Norm, der neue Nachrichtenstandard für Echtzeitzahlungen, ist ein Beispiel dafür. Viele Länder haben diese Maßnahme schon angenommen, weitere arbeiten an einer baldigen Einführung. Besonders spannend für eine grenzübergreifende Zusammenarbeit sind auch die Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie, die zunehmend auch als reale Möglichkeit wahrgenommen werden.
4. Nutzerkontrolle und angereicherte Daten
Sie und Ihr Unternehmen werden zukünftig die Möglichkeit haben, Ihren Zahlungen angereicherte Daten beizufügen. Das können Zeichen sein, ein Link zu der Website oder einem Dokument, oder auch - und hier wird es besonders interessant - ein direkter Anhang, der mit der Zahlung übermittelt wird. So werden Zahlungsinformationen ein noch wertvolleres Datengut. Wenn Ihr Unternehmen also in Zukunft eine Zahlungsaufforderung erhält, haben Sie die volle Kontrolle darüber, wann und wie Sie darauf reagieren. Angereicherte Daten werden außerdem eine verbesserte Abstimmungsfähigkeit mit sich bringen.
5. Vereinfachte Zahlungsadressen
In einigen Ländern wird an diesem Punkt schon fleißig gearbeitet, oder er ist sogar schon eingeführt. Wie in Kanada, Australien und Indien, wo an benutzerfreundlichen Alternativen für die klassischen Identifikationsangaben wie IBAN und BIC gearbeitet wird. Ganz vorne im Rennen das Verwenden von Handynummern, was vielerorts schon eingesetzt wird. Generell hat die Beliebtheit für mobile Zahlungen seit der Einführung in 2010 stark zugenommen, woraufhin 76 Bank weltweit ihr Angebot angepasst haben. In Indien ist die zentrale Zahlungsbehörde, die National Payments Corporation of India, einen Schritt weiter gegangen und hat die Notwendigkeit eines Bankkontos abgeschafft. Ermöglicht wird das durch ein neues Zahlungsökosystem, in dem Kunden virtuelle Adressen über ein sogenanntes Unified Payments Interface (UPI) nutzen. So können Zahlungen mit einer Handynummer, Personalausweisnummer oder einer Identifikationsnummer, die vom Zahlungsdienstleister vergeben wurde, empfangen und veranlasst werden. Noch wichtiger dabei ist aber der Punkt, dass keine Bank im Spiel ist.
6. Flexible Architektur
All die vorgestellten Visionen und Strategien können nur mit einer skalierbaren, flexiblen Architektur funktionieren. Um den Anforderungen von morgen gerecht zu werden, arbeiten zum Beispiel Großbritannien und Australien an einem Zahlungssystem mit mehreren Ebenen, die agil auf den Markt reagieren können. Der Vorteil von so einem System ist, dass jede Ebene von der anderen getrennt werden kann. So können einzelne Teile verändert werden, ohne das gesamte System zu beeinträchtigen. Der tatsächliche Geldtransfer erfolgt dann zum Beispiel über eine andere Ebene als ein Overlay-Service.
Sie sehen, die Modernisierung im Zahlungsverkehr ist in vollem Gange. Gerade auf globaler Ebene gibt es allerdings noch einige Hürden. Wir sind aber guter Dinge, dass hier wachsende Nachfrage und Technologielösungen diesen Wandel unweigerlich vorantreiben werden. Und das zu einer höheren Akzeptanz in der Gesellschaft führen wird.
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